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Steuervergünstigung bei außerordentlichen Einkünften

Die Fünftelregelung im Überblick
VonRichard Preuß(Steuerexperte)
17.04.2025
Lesezeit: 5 Min.
Veröffentlicht am 17.04.2025
Das Einkommensteuergesetz knüpft seine Systematik grundsätzlich an das Kalenderjahr – Einkommen soll jeweils für ein Jahr versteuert werden. In der Praxis läuft das aber nicht immer glatt: Häufig fließen Einkünfte nicht regelmäßig, sondern als geballter Betrag für mehrere Jahre. Dies betrifft insbesondere einmalige Einnahmen wie Abfindungen oder Unternehmensverkäufe. In solchen Fällen sorgt der progressive Steuertarif für eine übermäßige Belastung, weil hohe Einmalbeträge in einem Jahr zu einem überproportionalen Anstieg des Steuersatzes führen.

Um diese Effekte abzumildern, gibt es im Einkommensteuerrecht spezielle Tarifvergünstigungen für sogenannte außerordentliche Einkünfte. Die wichtigste davon ist die sogenannte Fünftelregelung – sie simuliert rechnerisch eine Verteilung der Einmalzahlung über fünf Jahre und sorgt so für eine spürbare Entlastung.

Gesetzlicher Rahmen und Funktionsweise

Rechtsgrundlage ist § 34 EStG. Dieser regelt in Absatz 1 die steuerliche Ermäßigung für Einkünfte, die ihrer Art nach einmalig sind, tatsächlich aber für mehrere Jahre „stehen“ – etwa bei der Betriebsveräußerung oder einer hohen Abfindung.

In Absatz 2 wird festgelegt, welche Einkunftsarten unter die Tarifermäßigung fallen. Dazu zählen unter anderem:

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  • Gewinne aus der Veräußerung von Betrieben oder Teilbetrieben,
  • Entschädigungen für den Verzicht auf Einnahmen (z. B. bei Aufhebung eines Arbeitsverhältnisses),
  • bestimmte Nutzungsvergütungen oder Vergleiche.

Wichtig: Es handelt sich bei diesen Einkünften nicht um eine neue Einkunftsart, sondern um eine besondere steuerliche Behandlung bestimmter Einkünfte. Auch das normale Verfahren zur Einkommensermittlung bleibt unberührt – die Entlastung erfolgt ausschließlich über die Steuersatzberechnung.

Damit die Fünftelregelung angewendet werden darf, muss der Zufluss als „außerordentlich“ qualifiziert werden. Das bedeutet:

  • Es handelt sich um einen ungewöhnlichen Vorgang,
  • der nicht regelmäßig vorkommt und
  • der sich dem Grunde nach von den laufenden Einnahmen abhebt.

Bei manchen Einkünften – insbesondere bei Veräußerungs- und Aufgabegewinnen – ist die Außerordentlichkeit gesetzlich unterstellt. In anderen Fällen, etwa bei bestimmten Entschädigungen, ist sie anhand der Umstände im Einzelfall zu prüfen.

Eine weitere zwingende Voraussetzung ist die Zusammenballung: Die betreffende Zahlung muss Einkünfte aus mehreren Jahren bündeln, die bei gleichmäßiger Auszahlung über mehrere Jahre nicht zu einer derart hohen Steuerbelastung geführt hätten. Nur wenn tatsächlich mehrere Wirtschaftsjahre wirtschaftlich „abgegolten“ werden, darf die Fünftelregelung greifen.

Veräußerungsgewinne: Ein typischer Anwendungsfall

Ein klassisches Beispiel für die Anwendung der Fünftelregelung sind Gewinne, die bei der Veräußerung eines Unternehmens oder einer betrieblichen Beteiligung erzielt werden. Sie gelten als außerordentliche Einkünfte, weil sie regelmäßig auf über Jahre aufgebauten stillen Reserven beruhen, die in einem einzigen Veräußerungsvorgang aufgedeckt werden.

Allerdings muss es sich um eine umfassende Verwertung handeln – also um eine Vollrealisierung aller wesentlichen Betriebsgrundlagen. Wird z. B. ein Betrieb nur teilweise veräußert oder werden einzelne Wirtschaftsgüter zurückbehalten oder ohne Aufdeckung der stillen Reserven in einen anderen Betrieb überführt, ist die Begünstigung ausgeschlossen.

Auch eine Einbringung in eine Personengesellschaft gegen Zahlung kann aus diesem Grund nicht unter die Fünftelregelung fallen, wenn keine vollständige Realisierung erfolgt. Gleiches gilt bei der schrittweisen Veräußerung eines Mitunternehmeranteils – wird dabei ein Teil steuerneutral übertragen, entfällt die Begünstigung für den Rest.

Besonderheit: Auch ein Betrieb, der seine wirtschaftliche Tätigkeit noch nicht vollständig aufgenommen hat, kann begünstigt veräußert werden – sofern die wesentlichen Betriebsgrundlagen vorhanden sind und das Unternehmen bei Fortsetzung als lebensfähige wirtschaftliche Einheit bestehen könnte.

Wahlrecht: Fünftelregelung oder Durchschnittssteuersatz

Steuerpflichtige haben grundsätzlich ein Wahlrecht, wie sie ihre außerordentlichen Einkünfte versteuern möchten:

  • Entweder nach der Fünftelregelung (§ 34 Abs. 1 EStG),
  • oder nach dem ermäßigten durchschnittlichen Steuersatz (§ 34 Abs. 3 EStG).

Beide Varianten schließen einander aus. Wer sich für eine Methode entscheidet, kann nicht zusätzlich von der anderen profitieren. Die Finanzverwaltung muss allerdings auf die Optionen hinweisen, sofern die Voraussetzungen für das Wahlrecht erfüllt sind.

Die Berechnung erfolgt nach einem festen Schema:

  1. Ermittlung des zu versteuernden Gesamteinkommens.
  2. Herausrechnen der außerordentlichen Einkünfte → ergibt das „verbleibende zu versteuernde Einkommen“.
  3. Ermittlung der Steuer auf dieses verbleibende Einkommen nach § 32a EStG.
  4. Hinzurechnung von 1/5 der außerordentlichen Einkünfte und erneute Steuerberechnung.
  5. Differenz zwischen Schritt 3 und 4 × 5 = Steuer auf die außerordentlichen Einkünfte.
  6. Gesamte Steuerlast = Ergebnis aus Schritt 3 + Schritt 5.

Die Wirkung: Es wird so getan, als wäre der Einmalbetrag gleichmäßig auf fünf Jahre verteilt worden – das dämpft die Wirkung der Progression.

Wichtig: Die Entlastung verpufft, wenn die regulären Einkünfte ohnehin bereits den Spitzensteuersatz auslösen. Auch Verlustverrechnung funktioniert nur eingeschränkt – zunächst werden laufende Einkünfte mit Verlusten verrechnet, erst danach die begünstigten Einkünfte.

Die Fünftelregelung entfaltet ihr volles Potenzial dann, wenn sie vorausschauend geplant wird. Vor allem bei frei gestaltbaren Vorgängen wie Unternehmensverkäufen oder Abfindungen lohnt sich die Wahl des passenden Veranlagungszeitraums.

Wer neben dem Einmalbetrag keine oder nur geringe laufende Einkünfte erzielt, profitiert besonders stark. In solchen Fällen greift die Progression kaum – und die Tarifvergünstigung wirkt besonders spürbar.

Steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten:

  • Aufteilung von Einkünften auf mehrere Jahre durch bewusste Terminierung,
  • Wahl der Veranlagungsart bei Ehegatten (getrennt oder gemeinsam),
  • Nutzung von Abzugsbeträgen zur Minderung des verbleibenden zu versteuernden Einkommens,
  • Alternative Gestaltung über Veräußerungsleibrenten anstelle einer Einmalzahlung.

Aber Achtung: Eine bloße Verschiebung von Zahlungszeitpunkten allein mit dem Ziel der Steuerersparnis kann als Gestaltungsmissbrauch gewertet werden – es sollte immer ein wirtschaftlicher Hintergrund erkennbar sein.

Die Regelung ist nicht frei von Schwächen. In bestimmten Fällen kann sie paradoxe Ergebnisse liefern: Etwa dann, wenn das laufende Einkommen unterhalb des Existenzminimums liegt und der Einmalbetrag dem Proportionalbereich des Steuertarifs zugeordnet wird – dann kann der rechnerische Grenzsteuersatz für das verbleibende Einkommen über 200 % liegen.

Der BFH sieht darin allerdings keinen verfassungsrechtlichen Verstoß: Maßstab sei die Gesamtsteuerlast, nicht die fiktive Belastung einzelner Bestandteile. Die Progressionswirkung müsse als systemimmanenter Effekt hingenommen werden.

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